Andacht zum Weltgebetstag 2023 (Taiwan) von Berit Knorr

Andacht zum Weltgebetstag 2023 (Taiwan)

Ich habe gestern bei uns im Keller eine Blechdose wieder entdeckt. Und ich wusste auch gleich was sich darin befindet, zumindest ungefähr. Ich habe sie mit nach oben in die Wohnung genommen und geöffnet. Und – ich habe sie auch mitgebracht.

Darin befinden sich … Briefe und Briefmarken.

Ich verrate Ihnen, dass es sich bei den Briefen um kleine Liebesbotschaften handelt, die ich meinem Mann oder die er mir geschrieben hat. Immer wieder schön, sie zu lesen! Eigentlich schade, dass wir uns schon länger nicht mehr geschrieben haben –

In diesem Kästchen befinden sich außerdem noch ein paar alte Briefmarken. Die habe ich früher gesammelt und teilweise auch von meinem Papa bekommen, der ein Briefmarken­sammler war. Ich bin immer wieder einmal erstaunt, wie wunderschön diese kleinen Papierstückchen sind. Und ich habe mich gefragt, auf welchen Postkarten oder Briefen sie wohl einmal geklebt haben und welche Botschaften damit versendet wurden…

Mein Gedanke war, vielleicht sollten wir auch allgemein wieder beginnen, mehr Briefe mit guter Botschaft die von Herzen kommt zu schreiben! Denn WhatsApp Nachrichten halten sich keine 40 Jahre!

Die Frauen aus Taiwan haben sich auch einen Brief ausgesucht, nämlich den Epheserbrief Kapitel 1,15-19. Und in gewisser Weise ist auch dieser Brief ein Liebesbrief:

Ich höre nicht auf, für euch zu danken, wenn ich in meinen Gebeten an euch denke; denn ich habe von eurem Glauben an Jesus, den Herrn, und von eurer Liebe zu allen Heiligen gehört. Der Gott Jesu Christi, unseres Herrn, der Vater der Herrlichkeit, gebe euch den Geist der Weisheit und Offenbarung, damit ihr ihn erkennt. Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr versteht, zu welcher Hoffnung ihr durch ihn berufen seid, welchen Reichtum die Herrlichkeit seines Erbes den Heiligen schenkt und wie überragend groß seine Macht sich an uns, den Gläubigen, erweist durch das Wirken seiner Kraft und Stärke.

Man muss zwar etwas genauer hinschauen, aber sie werden sehen, er enthält sehr viele wunderschöne Botschaften.

Paulus schreibt also einen Brief an diese Gemeinde in Ephesus. Er hatte von ihr gehört und das hat ihn so berührt, dass er seitdem nicht mehr aufgehört hat für sie zu beten.

Warum?

Sie hatten einen liebevollen Umgang miteinander! Das blieb nicht unbemerkt! Das hat sich herumgesprochen. Das hat Paulus erfahren und das hat sein Herz berührt!

Wer in die Gemeinde in Ephesus kam, der konnte spüren, dass hier etwas anders war, der konnte den Geist spüren, der hier wehte.

Paulus schreibt das auch in diesem Brief: Ich danke Gott täglich für diese Liebe die Ihr lebt!

Und er kann sich auch sehr gut erklären, warum sie so anders sind: Es ist Jesus! Und zwar der feste Glaube an Jesus, an den von Gott geliebten Sohn, der auf die Erde kam um für die Sünden der Menschen am Kreuz zu sterben, Ihre Liebe zu dem Mann aus Nazareth ermöglichte ihnen auch, die Liebe untereinander zu leben.

Und weil das so ist, so schreibt er, bittet er Gott um mehr! Ist der Glaube fest auf Jesus gebaut, gibt es noch so viel mehr zu entdecken. Es ist eine Reise, die hier beginnt und die ein Leben unendlich spannend macht. Denn mit Jesus ist das Leben nie langweilig!

Paulus bittet Gott in seinem Brief um folgende drei Dinge für die Gläubigen in Ephesus!

Erstens, um den Geist der Weisheit und der Einsicht – um Gott besser in seiner Allmacht und Größe begreifen zu können brauchen wir seinen Geist. Denn unser menschlicher Verstand tut sich schwer, Gott wirklich voll und ganz zu begreifen.

Zweitens bittet er um hell erleuchtete Herzen, oder, in der Lutherübersetzung steht ‚erleuchtete Augen des Herzens‘ – ich finde diesen Ausdruck besonders schön! Es geht darum zu erkennen, wie gut die Zukunft wird, wenn man sie mit Jesus geht. Eine Zukunft in der man nie mehr allein und schutzlos durch das Leben gehen muss, eine Zukunft hier in unserem irdischen Leben und eine noch viel größere, wunderbarere Zukunft in der Ewigkeit!

Und drittens bittet er darum, dass sie erkennen können, wie groß Gottes Kraft ist mit der er in ihnen wirkt! Eine Kraft, die so gewaltig ist, wie die Kraft, die Jesus von den Toten auferweckt hat.

Wahnsinn! Können wir uns das überhaupt vorstellen?

Haben wir diese Kraft denn jemals in Anspruch genommen, die in uns wirkt? Ich denke, da haben nicht nur die Christen in Ephesus noch viel zu lernen, sondern auch die Menschen in Taiwan und letztendlich ja auch ein jeder von uns.

Es geht also um nichts geringeres in diesem Text, als dass Menschen, die Jesus kennen und lieben, im Glauben weiter wachsen und reifen dürfen, und dazu brauchen sie Gott und seinen Geist.

Paulus betet und bittet für die Gemeinde in Ephesus – es sind Gebete die das Leben der Menschen allmählich und für immer verändern sollen.

Und ich denke, jetzt verstehen wir auch, warum Taiwan sich ausgerechnet diesen Bibeltext, diesen Brief ausgesucht hat! Denn genau das sind die Gebete die auch unsere Geschwister in Taiwan brauchen!

Beten wir darum, dass unsere Geschwister in Taiwan durch Gottes Geist, Gott immer besser kennenlernen dürfen, dass sie erkennen dürfen, wer er ist und was er für sie getan hat durch Jesus Christus.

Beten wir für die taiwanesischen Christen, dass ihre Herzensaugen geöffnet und erleuchtet werden, für eine Zukunft, der man mit einem festen Glauben und Hand in Hand mit Jesus aufrecht und voller Zuversicht entgegentreten kann. Denn gerade in Taiwan haben viele Menschen Angst vor einer militärischen Auseinandersetzung mit China.

Und für eine Hoffnung und eine Gewissheit, dass ihnen auch nach dem Tod noch so viel Wunderbares bevorsteht.

Beten wir darum, dass sie erkennen dürfen wie unglaublich groß diese Kraft ist, mit der er in allen, die an ihn glauben, wirkt.

Danken wir Gott, dass es in Taiwan Menschen gibt, die Jesus in ihr Leben aufgenommen haben und deshalb auch einen liebevollen Umgang untereinander pflegen.

Und beten wir darum, dass noch viel mehr Menschen in Taiwan zum christlichen Glauben kommen, denn einen Gott, der seine Kinder liebt, den haben nur wir.

Großer und barmherziger Gott,

segne uns und die Menschen in Taiwan,

schenke uns ein liebendes Herz für einander, lass uns deine Liebe die du uns durch deinen Sohn offenbart hast, in die Welt und zu unserem Nächsten bringen

segne uns und die Frauen in Taiwan mit dem Geist der Weisheit und der Offenbarung, damit wir erkennen dürfen, wie groß, gut, liebend und mächtig du bist.

segne uns und die Frauen aus Taiwan und schenke uns Augen die hell und klar erkennen, was unsere Berufung ist und welche wunderbare Zukunft uns jetzt und in der Ewigkeit mit dir erwartet.

Segne uns und die Frauen in Taiwan,

damit wir begreifen wie groß deine Kraft ist, die in uns wirkt

Und so segne uns der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, Amen

Berit Knorr

Hier der Text als pdf.

Lobpreis am Ostermontag

Auferstehung feiern – fröhlich singen und Gott loben – sich neu berühren lassen von Ostern:

Lobpreis am Ostermontag, 10.00 Uhr, Auferstehungskirche Senden

mit D4C und einer besonderen Osterbotschaft

mit Amazing Praise & Pfarrerin Kathrin Bohe

Heilfasten in der Gruppe

„Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht …“ (Mt 6,16)

Wie 2022 wird es auch dieses Jahr wieder eine Heilfastengruppe geben. 5 Tage nach dem Konzept des Buchinger Fastens wird eine Nahrungspause eingelegt. Der Körper ernährt sich nun von seinen Reserven. „Jetzt können die Pfunde fließen…“ ist einer von vielen angenehmen Begleiterscheinungen. Es ist eine tolle Möglichkeit den Wert der Nahrung wieder neu schätzen zu lernen und sein Essverhalten mit Abstand zu betrachten. Der Körper hat Zeit sich zu entgiften und sich von Abhängigkeiten wie Medikamente und Genussmittel zu lösen.

Wir starten am Sonntag den 12.3. um 15:30 Uhr mit einem Spaziergang. Dies ist auch der Entlastungstag.
An den kommenden 5 Tagen wird gefastet. Bei einem täglichen Treffangebot können Fragen geklärt, sowie Erfahrungen ausgetauscht werden.

Interessenten – auch gerne für Rückfragen – melden sich bitte direkt unter haller.ha2@t-online.de.

Für telefonische Kontaktaufnahme bitte im Pfarramt Vöhringen die Telefonnummer angeben, dann rufe ich Sie gerne zurück.

Auf Euer Kommen freut sich
Hans Haller

Neue Vertretungspfarrerin in Illertissen

Wir freuen uns, dass Frau Pfarrerin Marit Hole uns ab sofort hilft, die Vakanz zu überbrücken. Pfarrerin Hole hat in unserem Dekanat eine halbe Stelle als „Springerin“ und wird in den Gemeinden eingesetzt, wo die Not am größten ist.

Am Sonntag, den 5. Februar wurde sie unserer Gemeinde im Gottesdienst vorgestellt. Wir wünschen ihr, dass sie sich schnell in unserer Gemeinde wohlfühlt.

t-Gespräche

Im März beginnt eine neue Veranstaltungsreihe im Gemeindehaus Vöhringen.

t-Gespräche nenne ich sie: Am Vormittag ein halbstündiger Impulsvortrag mit anschließendem Gespräch. Dazu eine Tasse Tee.

Das erste t-Gespräch findet am Donnerstag, 9. März um 10 Uhr. Ich werde die Lebensgeschichte der Ärztin Anne Spoerry (1918-1999) vorstellen, die in Kenia als fliegende Ärztin (Mama Daktari) hunderttausende Patienten behandelt hatte und doch eines nicht vermochte – ihr eigenes Verbrechen
wiedergutzumachen.

Der Termin für das zweite t-Gespräch ist Donnerstag, 11. Mai um 10 Uhr. Das Thema wird noch rechtzeitig bekanntgegeben.

Jochen Teuffel

Gabriele Burmanns Predigt zum Ersten Gebot im Rahmen der Predigtreihe „Zehn Gebote entfaltet“

Predigt über das Erste Gebot

Von Gabriele Burmann, Dekanin i.R., Neu-Ulm

Liebe Gemeinde,

Heute geht es um das erste Gebot:

Ich bin der Herr dein Gott. Du sollst nicht andere Götter haben, neben mir. (2.Mose 20,2-3)

Heute stehe ich vor Ihnen, nachdem ich ein Berufsleben lang Geschichten über Gott erzählt habe, selbsterlebte oder überlieferte Spuren seines Daseins und Wirkens verfolgt und weitergegeben habe, ja auch mal vergeblich nach ihm gesucht und gefragt, auch mal mit ihm gehadert habe. Was bleibt wichtig? Ist er mir näher gekommen im Laufe der Jahre, oder eher ferner gerückt? Verstehe ich heute mehr von seinem Wesen? Kommt jede Rede von Gott nicht vielleicht altmodisch rüber, klingt wie aus einer längst vergangenen Zeit? Was ist mit den 10 Geboten?

Sind sie vielleicht längst überflüssig? Der Mensch hat sich emanzipiert, hat Moral gelernt und Rücksichtnahme und Respekt? Längst ohne den Glauben an den einen Gott? Aber in unerschütterlichem Stolz auf die eigene Größe.

Wenn ich zurückschaue, auf den 60er Jahre: Da haben Manche gehofft, dass die Technik uns Menschen zu Vernunft bringen wird: Die Mondlandung hat gezeigt, zu welchen Höhenflügen der Mensch fähig ist.

In den 90er Jahren nach der Wende waren wir wie berauscht vom Wunder der gewaltlosen Wiedervereinigung Deutschlands und der offensichtlichen Auflösung der verfeindeten Blöcke. Endlich bricht Frieden an und Gerechtigkeit bricht sich Bahn. Endlich kann sich die Menschheit um die Bewahrung der Schöpfung, die Rettung der Mitwelt kümmern.

Und dann die Ernüchterung. In den letzten Jahren mehrere große Ohnmachtserlebnisse:

Eine Pandemie – Dabei ist das schlimmste die Erkenntnis, dass auch in der Not jeder sein Nächster ist, und so viel Eigennutz und Ratlosigkeit zu spüren war.

Und dann der Krieg in Europa. Wir wollten Frieden schaffen ohne Waffen, ich stand damals in der Menschenkette im Wiley gegen den Nato Doppelbeschluss, dort wo die Pershings stationiert waren. Und nun feiert wieder der Gedanke vom gerechten Krieg ein Comeback und wir erleben eine in Lager zerrissene Welt:

Viel zu oft haben wir in der letzten Zeit gemerkt, dass wir nichts oder fast nichts zu einer Besserung der Situation beitragen können. Ohnmachtserfahrungen führen zu Depression oder Wut. Die Trommeln der „Spaziergänger“ vom Freitag, die durch Ulm und Neu-Ulm gezogen sind, dröhnen mir noch im Gedächtnis.

Oder wie es manche jungen Menschen tun, in ihrer Hilflosigkeit: Sie kleben sich an Straßen und Startbahnen, sie klettern auf Bäume und verschanzen sich in aufgelassenen Häusern. Sie stören auf vielfältige Weise, sie zeigen ihre Verzweiflung und verstoßen dabei gegen Gesetze. Und dabei haben sie doch Recht mit ihrer Mahnung zur Umkehr.

Wer ein politisches Amt innehat, erlebt auch dass er oft hilflos ist, gegen Sachzwänge und Rücksichten die nichts vorwärtsbringen, was doch Not tut.

Währenddessen kommen immer mehr Geflüchtete aus verschiedenen Gegenden der Welt zu uns, erwärmt sich die Erde weiter und die alten Grenzen von Nationen und Machtblöcken erstehen auf, auch der Wahn von Rassenunterschieden gewinnt an Attraktivität.

Wie klingt da das Wort in unseren Ohren: Ich bin der Herr dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben neben mir?

Mich befördern diese Worte mit einem Mal heraus aus den vielen Stimmen und Nachrichten. Sie tun mir gut. Ruhe umgibt mich. Ich spüre den langen Atem Gottes. Eine ganz andere Zeitrechnung: 1000 Jahre sind vor dir, wie der Tag der gestern vergangen ist und wie eine Nachtwache. (Psalm 90,4)

Ich nehme einen anderen Blickwinkel ein: Ich sehe die Erde aus weiter Ferne als winzigen leuchtenden Punkt im dunklen Weltall.

So konnte man kürzlich mithilfe einer Raumsonde unsere irdische Heimat zum ersten Mal sehen. Das Bild hat mich fasziniert.

Nein, das ist noch lange nicht der Blickwinkel Gottes. Aber wir können in der Betrachtung der Erdgeschichte eine winzige Ahnung von den Zeitläuften gewinnen. Jahrmillionen sind abzulesen an Felsformationen und Spuren fossiler Lebewesen.

Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch. Ich kann sie nicht begreifen (Psalm 139.6),so staunt der Psalmbeter vor Tausenden von Jahren und spricht mir aus dem Herzen.

Und der biblische Hiob erkennt nach vielen Höhen und Tiefen, nach persönlichen Schicksalsschlägen und Zweifeln die Größe Gottes. Aus dem tiefsten persönlichen Unglück heraus zeigt Gott ihm seine gewaltige Größe – am Himmel und auf der Erde und im Erdinneren, im Leben der Tiere und in den Jahreszeiten, in Wind und Wetter …und da staunt er und findet sich ab mit seinem bescheidenen Platz im großen Universum und tut Buße. So findet seine Seele Ruhe und Heilung…..

Und Hiob antwortete dem Herrn und sprach: „Ich erkenne, dass du alles vermagst, und nichts, das du dir vorgenommen, ist dir zu schwer. Wer ist der, der den Ratschluss verhüllt mit Worten ohne Verstand? Darum habe ich unweise geredet, was mir zu hoch ist und ich nicht verstehe. So höre nun, lass mich reden; ich will dich fragen lehre mich: Ich hatte von dir nur vom Hörensagen vernommen; aber nun hat mein Auge dich gesehen. Darum spreche ich mich schuldig und tue Buße in Staub und Asche“ […] Und der Herr wandte das Geschick Hiobs. (Hiob 42, 1ff)

Das ist der Weitwinkel Gottes. Und wie ich finde, die einzig wahre Haltung von uns Menschen auf das Erlebnis eigener Winzigkeit und Ohnmacht: In Demut zu verharren vor dem der gesagt hat, ich bin der Herr dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.

Wer bin ich, dass ich rechte und mich beschwere?

Ich muss mich mit meinem bescheidenen Platz im großen Universum abfinden.

Und doch steckt im 1. Gebot auch etwas Tröstliches. Es bleibt nicht beim unpersönlichen Fatum, wir werden nicht ins Dasein geworfen von dunklen Schicksalsmächten und gehen verloren, sondern wir vernehmen eine persönliche Stimme:

Ich bin dein Gott.- Ich lasse mich auf dich ein. Ich sehe dich. Ich suche dich auf. Ich hoffe auf deine Antwort: Keine anderen Götter sollst du haben.

Martin Luther führt in seiner Auslegung zum 1. Gebot meinen Blick vom Universum auf die Erde, von den Sternen auf die Gassen: vom Weitwinkel in die Makro-Funktion.

Wir sollen Gott über alle Dinge, fürchten, lieben und vertrauen.

Gott fürchten, dazu höre ich eine Stimme, die sagt: Gott lässt sich nicht spotten. Was der Mensch säht, das wird er ernten. (Galater 6,7)

Dazu gehört, wie wir mit unseren Mitmenschen umgehen. Und insbesondere mit denen, die uns anvertraut sind. Wie gehen wir mit den Kleinen um in den Kitas und Schulen? Wie nehmen wir Rücksicht im Straßenverkehr auf die Langsamen und Unbeholfenen? Kümmern wir uns um unsere Umwelt in unserer Nähe? Erheben unsere Stimme, wo unnötig Bäume gefällt werden, wo ein Kindergarten nicht gebaut werden darf, weil die Kleinen stören und schmutzen?

Lassen wir die Mutter mit dem schreienden Kind an der Kasse vor und sprechen wir mit dem Mann ohne Obdach wenigstens ein paar Worte, haben vielleicht noch etwas für ihn übrig?

In Gottes Namen, sagen manche: Ja das ist die Haltung: Gott über alle Dinge zu fürchten.

Und wir lieben ihn, wenn wir seine Geschöpfe, auch die schwierigen, die wütenden, die psychisch Kranken sehen und ertragen.

Gott über alle Dinge lieben, heißt auch das Feindbild das wir in uns tragen, in Frage stellen zu lassen.

Neulich hat mich eine Nachricht aus dem Kriegsgeschehen in der Ukraine sehr bewegt. Da wurde eine Gruppe russischer Soldaten von einem Geschoss tödlich getroffen, weil die jungen Männer ihre Handys benutzt hatten. So hatten sie sich verraten.

Mir ist das sehr nah gegangen. Die jungen Männer sind wie die jungen Männer auf der Gegenseite, von ihren Lieben getrennt und hatten wohl einfach Kontakt gesucht mit Kurzmitteilungen, vielleicht mit Selfies aus der Gefechtsstellung. Sie könnten unsere Söhne, unsere Enkel sein…

Liebe deinen Feind. Er ist wie du. Müssen wir uns die Feindesliebe aufsparen, bis zum Ende des Krieges aller Kriege, gleichsam als Luxus für Friedenszeiten?

Wir glauben an den einen großen Gott. Aber der hat sich uns in atemberaubend schlichter Weise genähert: Er entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, (Philipper 2,7) in Jesus und der hat unser Dasein geteilt. Und in der kurzen Zeitspanne seines irdischen Lebens gezeigt, dass der große Gott voller Liebe ist.

Jesus hat die Kinder und die Armen und die Benachteiligten gesehen und in den Mittelpunkt seiner Botschaft gestellt. Und er hat uns die schwere Feindesliebe ans Herz gelegt.

Zum guten Schluss sagt Martin Luther: Du sollst Gott über alle Dinge vertrauen.

Dazu möchte ich Ihnen eine erlebte Geschichte von mir erzählen, sie wurde mir zum Gleichnis:

Wir waren in einem Wadi in Israel. Auf einmal mussten wir, Dekans Kollegen aus Schwaben, eine Leiter an einer hohen steilen Wand hinaufsteigen.

Ich war die Letzte. Alle anderen waren schon hinaufgeklettert.

Ich hatte keine Wahl. Wenn ich nicht alleine unten im Wadi stehen bleiben wollte, musste ich diesen haushohen Aufstieg wagen.

Ich bin Sprosse für Sprosse hinaufgestiegen. Aber am schlimmsten war die Vorstellung in Turmhoher oben aussteigen zu müssen.

Ich habe gerufen: Ist da wer? Und von oben kam die Antwort: Ja komm, ich reiche dir meine Hand, ich helfe dir heraus. Danke Kollege.

Das war eine echtes Vertrauensübung.

Und für mich ist es ein Bild für das Leben, das ein Wagnis bleibt und in dem es keine andere Sicherheit gibt, als die Stimme von oben: Ich bin dein Gott. Ich sehe dich. Geh deinen Weg. Schritt für Schritt…

Wir sollen Gott über alle Dinge vertrauen.

Lasst es uns wagen. In Gottes Namen.

Amen.

Gehalten am Sonntag, 12. Februar 2023 in der Martin-Luther-Kirche in Vöhringen/Iller im Rahmen der Predigtreihe „Zehn Gebote entfaltet“.

Hier die Predigt als pdf.

Ulrich Hoffmanns Predigt zum Vierten Gebot im Rahmen der Predigtreihe „Zehn Gebote entfaltet“

Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbundes der Katholiken sowie Ehe- und Familienseelsorger, hat heute an Buß- und Bettag in der Martin-Luther-Kirche in Vöhringen eine nachlesenswerte Predigt zum Vierten Gebot „Du sollst deinen Vater und Mutter ehren“ gehalten:

Eltern, liebe Gemeinde, hat jeder. Man muss nicht verheiratet sein, keine eigenen Kinder haben, auch Geschwister haben nicht alle. Vater und Mutter aber hat jeder Mensch. Das vierte Gebot richtet sich darum an alle. Das war damals so, im alten Israel, und das ist auch heute nicht anders. Das Gebot, Vater und Mutter zu ehren, gehört zum eisernen Bestand der Worte, die Israel mitgegeben wurden. Nicht zufällig werden sie zweimal genannt, nicht zufällig geschieht das in ganz besonderen Situationen:

Beim ersten Mal steht das Volk nach der Befreiung aus Ägypten und der Wanderung durch die Wüste vor Mose am Berg Sinai und erhält dort diejenigen Gebote, die den Bund mit Gott begründen. Diese Worte, so lautet die Botschaft, sind die Weisungen, auf denen der Bestand des Volkes, sein Wohlergehen und seine weitere Existenz beruhen. Es ist der Maßstab, an dem sich Israel orientieren, die Weisung, mit der es ein Leben führen soll, das seiner Gemeinschaft ein menschliches Antlitz gibt. Gott ehren und Achtung voreinander haben stehen im Zentrum.

Die zweite Situation ist der Moment, in dem Israel sich anschickt, in das Land zu ziehen, das Gott ihm verheißen hat. Unmittelbar vor dem Übertritt über den Jordan legt Mose dem Volk noch einmal die Worte vor, aus denen das Volk leben soll in dem Land, das Gott ihm geben wird.

Zwei grundlegende Situationen also sind es, in denen das Volk Israel im Alten Testament die Weisungen Gottes erhält. Die zehn Gebote stehen dabei im Zentrum, als „Grundgesetz“ gewissermaßen, auf dem alles andere beruht, was dann noch folgt. Damit ist nicht weniger gesagt als dass die Existenz des Volkes, sein Wohlergehen und sein Fortbestand, daran hängen, sich an Weisungen und Werten zu orientieren.

Das Vierte Gebot hat unter den zehn Geboten eine besondere Stellung. Es ist das erste, das sich auf das Verhältnis der Menschen untereinander richtet. Die drei vorangegangenen waren dagegen auf das Verhältnis zu Gott bezogen: Gott fürchten, lieben und vertrauen, seinen Namen nicht missbrauchen, den Feiertag heiligen. Das Gebot, Vater und Mutter zu ehren, steht dagegen als Eröffnung derjenigen Gebote, die das Leben unter den Menschen regeln. Warum ist das so?

Der biblische Text gibt eine eigene Begründung, und die heißt so: „Du sollst Vater und Mutter ehren, auf dass du lange lebst und es dir wohlgehe in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir geben wird.“ (Deuteronomium 5,16) Unser Wohlergehen hängt demzufolge nicht zuletzt daran, welche Ehre wir unseren Eltern entgegenbringen.

Solidarität, Respekt, Sensibilität – damit lässt sich umschreiben, was das Gebot, die Eltern zu ehren, von uns erwartet. Es schreibt keine innige Beziehung zwischen Eltern und Kindern vor, erwartet nicht, dass Töchter ihre Väter und Mütter ihre Söhne lieben, mit ihnen bis ins hohe Alter zusammenleben oder sie mindestens einmal im Monat besuchen. All das ist gut und wertvoll, und man kann Kinder, die solche Eltern und Eltern, die solche Kinder haben, nur beglückwünschen.

Nicht darauf aber zielt das biblische Gebot. Es legt den Finger vielmehr darauf, dass Solidarität mehr und anderes ist als die Regelung finanzieller Fragen, Respekt mehr und anderes als die Frage, was ich selbst davon habe, Sensibilität mehr und anderes als die Frage, was ich meinen Eltern schuldig bin. Die „Ehre“, von der der biblische Text spricht, meint die Achtung.

Als Ehe-, Familien- und Lebensberater ist mir ein Aspekt besonders wichtig: so wie das Gebot formuliert, brauchen nicht in erster Linie die Eltern unsere Ehre, unsere Achtung. Nein, wir selber brauchen diese Haltung des Respekts vor unseren Eltern, vor unserer Sippe, vor unseren Familiengeschichten, vor den Wurzeln, aus denen wir kommen.

Doch es gibt erwachsene Kinder, die sich damit schwer tun. Sie erlebten Lieblosigkeit, mangelnde Fürsorge, fehlende Wertschätzung und sehen als Erwachsene keinen anderen Weg, als den Kontakt zu den Eltern abzubrechen. Es scheint der einzige Weg zu sein, um sich vor verletzenden Mustern in der Familie zu schützen.

Manche Kinder sind durch Erfahrungen in belastenden Elternhäusern so traumatisiert, dass sie gar nicht in der Lage sind, so etwas wie Ehrfurcht, Anerkennung, Respekt den Eltern entgegen zu bringen. Wie soll ich denn meinen Vater oder meine Mutter respektieren, wenn ich missbraucht werde?

Es geht ganz zentral darum, dass solches Leid wahrgenommen wird. Und nicht abgewertet wird durch nachträgliche Rechthaberei oder irgendwelche Relativierung. Es ist nötig, das eigene Leid auszusprechen und es als Motor für eine Änderung in der Einstellung und im Verhalten zu nutzen. Das gelingt manchmal, aber nicht immer. Die Klärung irgendeiner „Schuldfrage“ ist dabei wenig hilfreich. Vielmehr geht der Weg – noch einmal! – über das Anerkennen von Leid.

So ist einer der wichtigsten Schlüsselsätze von Eltern an ihre Kinder: „Ich habe dir weh getan, und das tut mir leid.“ Und von Kindern an ihre Eltern: „es steht mir nicht zu, euch zu beurteilen – ich bin nur das Kind. Für das, was geschehen ist, was ihr mir angetan habt, kann ich die Verantwortung nicht übernehmen – ich bin nur das Kind – die Verantwortung lasse ich euch, voller Respekt!“

Wenn ein solcher heilender Prozess gelingt – geschieht Aussöhnung und wächst Respekt vor den eigenen Wurzeln: denn nur wer seine Wurzeln kennt, kann seine Zukunft aktiv gestalten und muss nicht wiederholen, was an Leidvollem die Familiengeschichte zuvor vielleicht mitgeprägt hat. Wenn wir selber diese Achtung vor unserer Familiengeschichte nicht aufbringen könnten, würden wir uns selber abschneiden von den Wurzeln, auf denen wir stehen.

Wie oft erlebe ich, dass Kinder ihre Eltern abwerten: wir hätten das ja alles viel besser gemacht als ihr und zeigen euch jetzt mal, wie es richtig geht: die Kinder besser und liebevoller erziehen, den Betrieb viel erfolgreicher führen, und so weiter und so weiter. Eine solche Haltung schreibt unheilvolle Familiengeschichten fort und bildet eine schwere Hypothek für eine bessere Zukunft.

Es ist dagegen eine Gemeinschaft mit menschlichem Antlitz, die das biblische Gebot, Vater und Mutter zu ehren, uns nahelegt. Es sind Grundlagen wie diese, die zu einem gelingenden Leben führen, die wir uns darum immer wieder ins Gedächtnis rufen müssen, die wir nicht vergessen dürfen, wenn wir darüber nachdenken, wie die Gesellschaft aussehen soll, in der wir leben wollen.

Über alle Brüche, alle Ambivalenzen des Lebens und alle Enttäuschungen hinweg helfen sie uns, nicht aus den Augen zu verlieren, was Menschsein heißt und was uns Orientierung gibt in der Relativität der Kulturen und ihrer Werte.

Das biblische Gebot ist aber nicht einfach ein allgemeiner Grundsatz. Es gründet vielmehr darauf, dass Gott seinen Bund mit Israel geschlossen, ihm seinen Schutz und seine Hilfe zugesagt hat. Man kann das Gebot, Vater und Mutter zu ehren, auch als lebensdienlich erkennen, ohne Christ oder Jude zu sein. Aber der Glaube an den Gott Israels, den die Bibel bezeugt und der sich nach christlichem Glauben in Jesus Christus offenbart hat, gibt diesem Gebot wie auch den anderen, eine eigene Begründung. Diese Begründung heißt: an Gott zu glauben bedeutet, einen Grund zu haben, auf dem man steht, eine Hoffnung, zu der man Zuflucht nimmt, ein Vertrauen, das unerschütterlich ist.

Auf einer solchen Basis lässt sich das Vertrauen gründen, dass ein Leben nach den Weisungen Gottes gut ist und heilvoll. Wegweiser zum Leben wollen diese Gebote sein, nicht Vorschriften oder Zwänge. Lesen wir sie so, haben wir verstanden, was sie sagen wollen, dem Volk Israel damals und auch uns heute. Amen.

Du sollst dir kein Bildnis machen …

Aufmerksame Zuhörer am Reformationstag in der Martin-Luther-Kirche bei der Predigt von Regionalbischof Axel Piper über das Gebot „Du sollst dir kein Bildnis machen …“. Diese Predigt war der Auftakt zur Predigtreihe „Zehn Gebote entfaltet“.