Vöhringer Abend: Widerstand gegen die Staatsgewalt

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Gilt das Fünfte Gebot auch gegenüber Tyrannen?

„Du sollst nicht töten!“ (2.Moses 20,13) Dieses Gebot klingt unmissverständlich und scheint keine Ausnahmen zuzulassen. Aber könnte es nicht doch in bestimmten Fällen erlaubt sein, einen Einzelnen zu töten, um damit Menschen vor weiterem Unheil zu retten? Dazu hatte sich Dietrich Bonhoeffer
1944 im Tegeler Gefängnis geäußert: „Wenn ein Wahnsinniger auf dem Kurfürstendamm sein Auto über den Gehweg steuert, so kann ich als Pastor nicht nur die Toten beerdigen und die Angehörigen trösten; ich muss hinzuspringen und den Fahrer vom Steuer reißen, wenn ich eben an dieser Stelle stehe.“
Johannes Knöller, Pfarrer an der Petruskirche in Neu-Ulm, wird in die biblischen wie auch theologischen Begründungen zum Tyrannenmord einführen und der Frage nach einem Widerstandsrecht in der Gegenwart nachgehen.

Termin: Dienstag, 2. Mai, 19.30 Uhr
Ort: Evang. Gemeindehaus, Beethovenstraße 1, Vöhringen
Kosten: Um eine Spende wird gebeten
Veranstalter: Evangelisches Bildungswerk Neu-Ulm

Predigt vom WegweiserGottesdienst an Palmsonntag von Helmut Haas

Thema: „Ein Leben, durchkreuzt – alles für mich?“

Text:        Johannes 12, 12 – 19

Am nächsten Tag verbreitete sich unter der Volksmenge, die zum Passahfest gekommen war, die Nachricht: Jesus ist auf dem Weg nach Jerusalem. Da nahmen die Menschen Palmenzweige, liefen Jesus entgegen und riefen ihm begeistert zu: »Gelobt sei Gott! Gepriesen sei, der in Gottes Auftrag kommt, der König von Israel!« Jesus ließ sich ein Eselfohlen bringen und ritt auf ihm in die Stadt. Damit erfüllte sich das Prophetenwort: »Fürchtet euch nicht, ihr Menschen auf dem Berg Zion! Euer König kommt! Er reitet auf einem Eselfohlen.« Doch das verstanden seine Jünger damals noch nicht. Erst nachdem Jesus in Gottes Herrlichkeit zurückgekehrt war, begriffen sie, dass sich mit dem, was hier geschah, die Voraussage der Heiligen Schrift erfüllt hatte. Alle, die dabei gewesen waren, als Jesus Lazarus aus dem Grab gerufen und wieder zum Leben erweckt hatte, hatten es weitererzählt. Deswegen liefen Jesus jetzt auch so viele Menschen entgegen. Sie wollten den Mann sehen, der ein solches Wunder vollbracht hatte. Nur die Pharisäer warfen sich gegenseitig vor: »Nun seht ihr, dass ihr so nichts erreicht! Alle Welt rennt ihm hinterher!«

I. Wir feiern Palmsonntag

Wir erinnern uns daran, wie Jesus in die Hauptstadt Jerusalem einreitet – nicht auf dem hohen Ross, sondern auf einem Füllen einer Eselin, nicht sonderlich herrschaftlich und auch nicht kriegerisch, sondern friedlich. Aber so, wie es von den Propheten verheißen war – nachzulesen beim Propheten Sacharja.

Aber die Menschen um ihn her jubeln ihm trotzdem zu. Sie haben ihre Kleider auf den Boden gelegt, sozusagen den roten Teppich für ihn ausgerollt. Schon lange haben sie auf diesen Moment gehofft.

Nun – schließlich sind seine Jünger schon 3 Jahre mit ihm durch die Provinz gezogen, seit er sie als engste Vertraute berufen hat. 3 Jahre haben sie mit ihm gelebt, seinen Reden zugehört, seine Wunder gesehen und waren erstaunt, ja teilweise entsetzt und haben sich gefragt:

»Wer ist dieser Mensch?«

Und nun ist es endlich soweit. Die Menschen begrüßen ihn als den gerechten König. Endlich ist er da, der große Tag. Und sie, seine Jünger, sind mittendrin. Viele seiner Fans schwenken Palmzweige und rufen Hosianna.

Damit bringen sie zum Ausdruck:

»Du bist der Messias, der neue König der Juden. Befreie uns.«

Es ist kurz vor dem Passahfest und die Stadt ist voller Pilger. Ideale Voraussetzungen für Publicity, Jesus könnte groß rauskommen.

Dazu hat sich noch herumgesprochen, dass er vor Kurzem seinen Freund Lazarus vom Tod auferweckt hatte, nachdem der schon mehrere Tage im Grab lag. Ideale Voraussetzungen für Publicity.

Ideale Voraussetzungen

um jetzt zu handeln,

um jetzt klare Sache zu machen,

um jetzt den Römern zu zeigen, wer der wahre Herr im Lande ist.

Die Erwartungen und Reaktionen auf dieses Ereignis waren ganz unterschiedlich und konnten wohl kaum unterschiedlicher sein:

Die Anhänger von Jesus erwarteten die Erfüllung ihrer tiefsten Wünsche und Vorstellungen. Heute ist der große Tag – Jesus ist König und sollte sie befreien von der römischen Fremdherrschaft. Was wird er tun?

Sie haben alles auf die eine Karte gesetzt: Jesus.

Da waren die obersten Priester, der Hohe Rat, die geistlichen Führer des Volkes. Sie erwarteten Ärger:

Ärger im Volk – alles Volk läuft ihm nach, so sehen sie es – und letztlich Ärger mit der römischen Besatzung.

Und so hatten sie Angst um ihre Macht und ihren Einfluss.

Für sie war Jesus eine existenzielle Bedrohung.

Die Pharisäer, für sie war Jesus ein unangenehmer Kritiker. Sie waren ständig Zielscheibe seiner kritischen Äußerungen und beliebten Beispiele. Sie erwarteten, dass Jesus sich endlich unterordnen, sich an Gesetz und Tradition halten würde. Gefälligst sollte er nicht ständig ihre Vorschriften für den Sabbat übertreten.

Und noch viel schlimmer – für sie war er ein Gotteslästerer mit seinem Anspruch der Sohn Gottes zu sein – unerhört.

Die Römer dagegen erwarteten von Jesus überhaupt nichts.

Die Soldaten machten ihren Job und der Stadthalter versuchte alles unter Kontrolle zu bekommen – was ihm allerdings nicht wirklich gelang, denn er wurde von den religiösen Führern ausgenutzt – instrumentalisiert.

Für die Römer war Jesus ein religiöser Fanatiker.

Die Festbesucher schließlich waren neugierig, vielleicht auch sensationslüstern.

Jesus, von dem man schon viel gehört hatte, mal aus der Nähe sehen, eine seiner schönen Reden hören. Man sagt, er könne so gut Geschichten erzählen. Vielleicht ist auch eine Wunderheilung drin oder eine weitere Auferweckung von den Toten wie zuvor bei Lazarus – und da live dabei sein. Das wäre toll.

Unterschiedliche Erwartungen, unterschiedliche Reaktionen.

Finden Sie sich hier irgendwo wieder?

Mit wem könnten Sie sich am ehesten identifizieren?

Denn je nach dem werden Sie in der kommenden Woche an die Passionsgeschichte ran gehen – so oder so.

Eines zeigt diese Geschichte des Einzugs. Keine dieser Gruppen hat Jesus zu diesem Zeitpunkt wirklich verstanden:

weder seine Jünger, denen er aber vieles vorher gesagt und versucht hatte zu erklären,

noch seine Fans, Bewunderer bzw. die Festbesucher,

noch weniger seine Gegner, die ihn baldmöglichst aus dem Weg schaffen wollten.

Alle fragten sich ständig:

»Wer ist dieser Mann?«

Um sein Leben, das durchkreuzt wurde, geht es in der kommenden Karwoche.

Egal,

ob Sie sich als begeisterter Anhänger Jesu bezeichnen würden

oder,

wie ein Jerusalemer Festbesucher vor 2000 Jahren, eher zufällig über diesen Jesus gestolpert sind.

Egal,

ob Sie Jesus mit einigem Sicherheitsabstand beobachten und mustern

oder

ob Sie für ihn ihre Kleider auf die Straße legen und Palmzweige schwingen würden.

Es geht immer um die zentralen Fragen:

»Wer ist dieser Jesus?«

und

»Was hat sein Leben, vor allen Dingen seine Passion,

  mit meinem, mit ihrem Leben zu tun? Alles für mich?«

Lied: Jesus, du allein bist genug…

II. Einige Ereignisse in der Karwoche

Die Begeisterung beim Einzug Jesu in Jerusalem war groß – sicherlich nicht bei allen. Aber zumindest bei den Menschen, die Jesus beim Einzug begleitet hatten. Allerdings schlug die Stimmung in der Stadt Jerusalem im Laufe der Woche total um.

Was in dieser Woche geschah und wie Jesus dies erlebte, dem wollen wir nachgehen – immer mit der Frage im Hinterkopf:

»Was hat das mit meinem Leben zu tun? Alles für mich?«

Aber eins nach dem anderen…

…für Jesus war diese Woche eine ereignisreiche Woche, in der er Höhen und Tiefen durchlebt hatte – wobei die Tiefen überwogen.

II.a Jesus wurde mit Verrat und Verleugnung konfrontiert

Judas, den kennen wir. Sein Verrat ist sprichwörtlich geworden. Auch ihm hat Jesus die Füße gewaschen, sowie Brot und Wein gereicht bei der Sederfeier zum Passahfest. Und nun verrät er Jesus für 30 Silberlinge und zeigt dem Hohen Rat den Weg zu einer unauffälligen Verhaftung abseits der Pilgermassen.

Mit einem Bruderkuss verrät er ihn.

Verrat aus den eigenen Reihen, egal aus welchen Motiven heraus – das tut weh. Wenn Freunde einen denunzieren – das haben Christen in der ehemaligen DDR am eigenen Leib erlebt.

Jesus kann da mitreden.

Und dann ist da noch Petrus. Großmundig verkündete er wenige Tage vorher noch, dass er für Jesus alles geben würde, sogar sein Leben. Es war ihm in diesem Moment sicherlich ernst. Aber als er am Feuer stand, um sich im Hof des hohepriesterlichen Palastes zu wärmen, da kannte er Jesus plötzlich nicht einmal.

Als er von Umstehenden auf seine Zugehörigkeit zu Jesus angesprochen wurde streitet er dies vehement ab:

»Ich ein Jünger Jesu? – nein, niemals. Wie kommt ihr darauf?

  Ich kenne diesen Menschen nicht – noch nie gesehen.«

Kennen wir das – diese Menschenfurcht?

Dieses ungute Gefühl in der Magengegend, wenn wir nach unserem Glauben gefragt werden, oder wenn wir bei Gesprächen klar Stellung beziehen sollten? Bist du nicht auch Christ?

Da ducken wir uns doch lieber weg…

II.b Jesus musste Todesangst durchleiden

Jesus hat seinen Leidensweg, sein bevorstehendes Sterben, nicht auf die leichte Schulter genommen – obwohl er diesen Weg klar vor Augen hatte. Im Gegenteil, im Garten Gethsemane hatte er – ganz menschlich – Todesangst ausgestanden.

Er gestand seinen Jüngern:

»Meine Seele ist betrübt bis an den Tod;

  bleibt hier und wacht mit mir.«

Obwohl er seinen Auftrag wusste, betete er zu seinen Vater im Himmel, er möge doch diesen Kelch an ihm vorüber gehen lassen.

Jesus kann unsere Angst vor dem Sterben gut nachvollziehen. Er hat es durchlebt, weiß wovon wir reden und wovor wir Angst haben.

Und trotzdem stellte er sich unter den Willen des Vaters, wenn er weiter betete:

»…doch nicht wie ich will, sondern wie du willst!«

Aber auch im Garten Gethsemane wurde er enttäuscht, denn seine Jünger schafften es nicht in dieser Zeit wach zu bleiben und ihn im Gebet zu unterstützen – sie sind während dessen eingeschlafen.

Kennen wir das bei uns auch?

Und bei der Gefangennahme Jesu selbst hatten seine Jünger ihn schließlich alle allein gelassen, sind um ihr Leben gerannt. Keiner blieb bei ihm – alle Freunde weg, wenn es brenzlig wurde.

Einsam und allein gelassen von Menschen.

Jesus kann unsere Einsamkeit, unser Verlassensein verstehen und nachvollziehen.

II.c Schauprozess vor dem Hohen Rat und vor Pilatus

Es war ein politisch und religiös motivierter Schauprozess, den Jesus erleben musste – abseits jeglicher Rechtsstaatlichkeit.

Stichhaltige Anklagepunkte gab es nicht. So mussten vor dem Hohen Rat falsche Zeugen herhalten – aber die taugten auch nicht viel. Erst als Jesus sich als Gottes Sohn, als der verheißene Messias outete, wurde es gefährlich für ihn. Für die religiösen Führer des Volkes war das eindeutig Gotteslästerung und auf Gotteslästerung stand die Todesstrafe. Dumm nur, dass sie zur Vollstreckung des Todesurteils die römische Besatzungsmacht benötigten, denn nur die durfte Todesurteile vollstrecken.

Gut – sie hätten ihn lynchen können. So, wie wir es aus islamisch oder hinduistisch geprägten Ländern immer wieder hören, dass Christen nach haltlosen Beschuldigungen durch einen Mob gelyncht werden – letztlich nur, weil sie sich zu Christus bekennen.

Also zog der Hohe Rat vor den verhassten Stadthalter Pontius Pilatus. Zuerst waren sie reichlich erfolglos mit ihrem Unterfangen. Pilatus fand beim Verhör keine Schuld bei Jesus, die eine Verurteilung und die Vollstreckung der Todesstrafe rechtfertigen würde. Aber sie ließen nicht locker und setzten Pilatus zunehmend unter Druck. Sie verstiegen sich sogar zu einem eigentlich undenkbaren Bekenntnis:

»Wir haben keinen König als den Kaiser.«

Wozu der Mensch doch fähig ist, bis hin zur Selbstverleugnung, wenn er seine egoistischen Ziele erreichen will.

Pilatus knickte ein und gabt Jesus frei zur Geißelung und Kreuzigung.

Noch heute wird Pontius Pilatus im Glaubensbekenntnis genannt. Ich denke, dass es sich Pilatus nicht hat träumen lassen, dass er auch 2.000 Jahre später im Zusammenhang mit Jesu Passion so oft  genannt wird.

II.d Jesus erleidet Schmerz und Todeskampf bei Geißelung und

Kreuzigung

Pilatus befahl die Geißelung Jesu. Er wollte damit die Volksmassen beruhigen, ihre Blutrünstigkeit befriedigen. Die Geißelung war eine brutale, verletzende und schmerzhafte Misshandlung. Diese Tortur überlebten damals viele nicht.

Jesus kennt unsere körperlichen Schmerzen, unser geschunden sein.

Die religiösen Führer und das anwesende Volk forderten aber unbeeindruckt weiter seine Kreuzigung. Pilatus wusch seine Hände zwar in Unschuld, befahl aber Jesu Kreuzigung. Seine politische Karriere war ihm wichtiger als Gerechtigkeit walten zu lassen, wichtiger als das Leben dieses jüdischen Wanderpredigers.

Wie schnell sind wir bereit zu faulen Kompromissen, wenn es um unseren persönlichen Vorteil geht?

Die Römer waren nicht nur bei der Geißelung gnadenlos, sondern auch grausam bei der Todesstrafe für Menschen, die keine römischen Bürger waren. Sechs Stunden dauerte der Todeskampf Jesu am Kreuz.

Von den religiösen Führern musste Jesus Hohn und Spott ertragen.

Jesus kann mitfühlen, wenn wir verlacht, verspottet, gehänselt oder gemobbt werden – nur weil wir an ihn glauben.

Die römischen Soldaten kümmerte der Todeskampf Jesu wenig, sie würfelten gleichgültig um die Kleider Jesu, um sie unter sich zu verteilen – irgend einen Profit muss man ja schließlich von der Sache haben.

Jesus kann auch mit unserer Gleichgültigkeit umgehen – mit unserer Gleichgültigkeit ihm gegenüber.

Seine Nachfolger, soweit sie sich in die Nähe der Hinrichtungsstätte trauten, sahen ihre Hoffnung sterben.

Und Jesus?

Er bat den Vater im Himmel:

»Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun.«

und er kümmerte sich um das Seelenheil eines der Mitgekreuzigten.

Was Jesus aber am Kreuz erlebte war Gottverlassenheit, getrennt sein vom Vater im Himmel.

Er hat meine Schuld und Sünde auf sich genommen. Dadurch kann er keine Gemeinschaft mit Gott haben, denn Sünde hat keinen Platz in der Gegenwart Gottes. Daher die Gottverlassenheit:

»Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!«

Jesus weiß auch um unsere Gottverlassenheit. Deshalb ist es so wichtig, so entscheidend, dass ich meine Sünde bei Jesus ablade, denn nur durch die Vergebung kann ich ohne Sünde vor Gott treten und Gemeinschaft mit ihm haben. Kann meine Gottverlassenheit überwunden werden.

Es gibt keinen anderen Weg.

Als Jesus am Kreuz stirbt, zerreißt der Vorhang im Tempel – jener Vorhang, der den Zugang zum Allerheiligsten versperrt, dem Wohnort Gottes bei den Menschen. Damit wird der Weg frei in die Gegenwart des Vaters, heraus aus unserer Gottverlassenheit.

Lied: Jesus, Herr, ich denke an dein Opfer…

III. Alles für mich?

Jesus erduldete Verrat und Verleugnung, war einsam und verlassen. Er musste Ungerechtigkeit, Hohn und Spott über sich ergehen lassen. Er durchlitt Todesangst und Gottverlassenheit.

Warum und wozu das Alles?

Verstehen kann man das alles nicht. Die Motivation Jesu war Liebe – Liebe zu Ihnen und Liebe zu mir. Liebe kann man nicht verstehen.

Aber folgender Bibeltext aus dem Buch des Propheten Jesaja bringt uns da vielleicht auf die Spur:

Text:        Jesaja 53, 3 – 6

Er wurde verachtet, von allen gemieden. Von Krankheit und Schmerzen war er gezeichnet. Man konnte seinen Anblick kaum ertragen. Wir wollten nichts von ihm wissen, ja, wir haben ihn sogar verachtet. Dabei war es unsere Krankheit, die er auf sich nahm; er erlitt die Schmerzen, die wir hätten ertragen müssen. Wir aber dachten, diese Leiden seien Gottes gerechte Strafe für ihn. Wir glaubten, dass Gott ihn schlug und leiden ließ, weil er es verdient hatte. Doch er wurde blutig geschlagen, weil wir Gott die Treue gebrochen hatten; wegen unserer Sünden wurde er durchbohrt. Er wurde für uns bestraft – und wir? Wir haben nun Frieden mit Gott! Durch seine Wunden sind wir geheilt. Wir alle irrten umher wie Schafe, die sich verlaufen haben; jeder ging seinen eigenen Weg. Der HERR aber lud alle unsere Schuld auf ihn.

Alles für mich – für mich persönlich?

Hat Jesus das alles für mich persönlich durchlitten?

Für meine Nachbarn – ja, das könnte ich nachvollziehen, aber doch nicht für mich?

Für denjenigen, der heute neben mir sitzt – ja, das könnte ich verstehen, der hat das sicherlich nötig, aber ich doch nicht?

Doch Vorsicht, dass wir uns da nicht in die eigene Tasche lügen.

Setzen Sie mal in unseren Jesajatext ihren Namen ein.

Dann heißt es dort nämlich ganz konkret:

»Aber er ist um meiner Missetat willen verwundet und

  um meiner Sünde willen zerschlagen.«

Auch für die meines Nachbarn – sicherlich – aber nicht nur.

Jesu Hände von Nägeln durchbohrt –

für alles, was ich mit meinen Händen falsch gemacht habe, wo ich mit meinen Händen verletzt habe.

Vielleicht durch das Schreiben einer verletzenden WhatsApp – Nachricht, einer gehässigen Mail oder eines bösen Briefes…

Jesu Füße von Nägeln durchbohrt –

für all die falschen und eigenwilligen Wege, die ich gegangen bin – ohne nach Gott zu fragen.

Vielleicht sogar bewusst gegen seinen Willen.

Gott ist ein Gott der mich sieht – so heißt es in der Jahreslosung.

Er sieht mich und er sieht meine Motivation, meine Beweggründe.

Und die Ihrigen.

Er sieht den tieferen Grund für mein Denken, Reden und Tun.

Er weiß, wie ich es meine – vor ihm kann ich nichts verheimlichen.

Jesus ist für mich gestorben, damit ich wieder neu anfangen kann.

Bei Jesaja heißt das:

»Die Strafe liegt auf ihm, auf dass ich Frieden hätte,

  und durch seine Wunden bin ich geheilt.«

Wer wünscht sich nicht Frieden und Heilung – für sich und die Welt?

Bei Jesus können wir beides finden.

Wäre Jesus an Karfreitag für mich am Kreuz gestorben und im Grab geblieben, dann wäre danach mit Allem Schluss gewesen.

Wir feiern aber am nächsten Sonntag Ostern – die Auferstehung Jesu. Jesus lebt. Damit vertraue ich nicht einem toten Gott, sondern kann mein Leben mit einem lebendigen Jesus teilen.

Das wünsche ich auch Ihnen.

Dazu wünsche ich Ihnen keine normale Karwoche,

sondern eine nachdenkliche, eine sehr nachdenkliche.

Amen

Lied: Ich seh das Kreuz…

Segen

Der Herr segne dich und behüte dich.

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.

Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.

Amen

Helmut Haas

Barockmusik in der Auferstehungskirche

Innerlich loslassen – die Seele baumeln lassen – Musik genießen:

Herzliche Einladung zu einem besonderen Konzert:

Sonntag 16.04., 17.00 Uhr Barockmusik in der Auferstehungskirche.

Gespielt wird Musik aus Frankreich, Italien und Deutschland in unterschiedlichen Besetzungen: Triosonaten (Geige, Blockflöte und Orgel), solistische Sonaten (Geige bzw. Blockflöte und Orgel) sowie Orgel solo.

Hier stellen wir Ihnen noch die Musiker*innen vor:

Rosemarie Gold hat Musik mit Hauptfach Blockflöte studiert. Seit 1990 ist sie Lehrkraft an der Musikschule Oberkochen-Weihung.

Annegret Sperl studierte Violine, Viola, Orgel und Kla­vier am Meistersinger Konser­vatorium Nürnberg. Sie ist nebenamtlich Kirchenmusikerin – auch in unserer Gemeinde. Sie unterrichtet Geige und Klavier und ist Konzertmeisterin im Kammerorchester von St. Martin, Illertissen.

Markus Hubert studierte Realschullehramt, Kirchenmu­sik (A-Diplom) und Orgel in Nürnberg und Augsburg. Von 2002-2022 war er hauptamtlicher Kirchen­musiker der Stadtpfarrei St. Martin/Illertissen, wo er neben dem Orgelspiel in Gottesdienst und Konzert den Kirchen­chor, Kammerchor und das Kam­merorchester leitete und eine Vielzahl von Konzerten konzipierte und organi­sierte. Seit 2002 unterrichtet er Englisch und Musik an der Johannes-von-La Salle-Realschule Illertissen.

Im Dunkeln unsrer Nacht – Einladung zur Osternachtfeier

In diesem Jahr werden wir die Osternacht von Samstag auf Sonntag in unserer Martin-Luther-Kirche, Vöhringen, feiern. Mit Lesungen, Besinnung, Gesängen, Liedern und Licht lassen wir uns in die Auferstehung Jesu hineinnehmen und feiern gemeinsam das Abendmahl. Die Osternachtfeier beginnt um 23.00 Uhr und dauert anderthalb Stunden.

Die nächtliche Uhrzeit ist kein Frühstart. Von alters her haben Christen Ostern in der Nacht nach dem Sonnenuntergang gefeiert, fängt doch der Schöpfungstag mit der Dunkelheit an: „Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.“ (Genesis 1,5). Ebenso feiern wir ja auch den Geburtstag Jesu am 25. Dezember am Heiligen Abend davor.

Die Auferstehung Christi ist unserem menschlichen Blick entzogen. Und doch wird sie in der Osternacht für uns neu wirklich.

Predigt der Dekanatssynode Frühjahr 2023

Dieses Mal kam die Predigt im Gottesdienst der Frühjahrssynode aus unserer Region. Marit Hole, die als Springerin gerade die Vakanazvertretung in Illertissen macht, hat sie gehalten:

Lesung: Exodus 16,2-3.11-18

Liebe Mitglieder und Gäste der Dekanatssynode!

Wenn es um die Mittagszeit bei uns daheim an der Türe läutet, und die Kinder von der Schule kommen, dann werde ich meistens mit dieser einen, zentralen und alles entscheidenden Frage begrüßt: „Was gibt es zum Essen?“ Und der Satz „ich bin am Verhungern“, folgt gleich auf dem Fuße. Wehe mir, wenn ich nichts Anständiges auf dem Herd stehen habe. Zu viel Gemüse etwa oder Kartoffeln anstelle von Nudeln. Das kommt gar nicht gut an. Dann werden die Gesichter lang und das Gemurre ist vorprogrammiert.
Eine ähnliche Enttäuschung, vielleicht etwas zurückhaltender und vornehmer vorgebracht, kenne ich auch von den Patientinnen und Patienten in der Klinik. Wer einen anstrengenden Vormittag voller herausfordernder Therapien und Visiten hinter sich hat, freut sich auf ein gutes Essen – und ist frustriert, wenn es nicht lecker schmeckt.

Im ersten Moment kommt uns das Verhalten der Israeliten in diesem Bericht von den Wachteln und dem Manna auf der Wüstenwanderung auch recht kindlich entgegen, fast so, wie bei mir daheim. Die Bibel beschreibt, wie sie die Köpfe zusammenstecken, wie sie sich zusammenrotten und wie sie murren. „Hätte uns der Herr doch getötet, als wir noch in Ägypten waren! Dort saßen wir vor vollen Fleischtöpfen und konnten uns am Brot satt essen…“ Murren, darin steckt das Murmeln. Das ist das Geräusch, das den Klagen und Vorwürfen vorausgeht. Das ist der Ärger, der noch keine Worte gefunden hat.
Aber die Israeliten beschweren sich nicht darüber, dass das Essen ihnen nicht passt oder schmeckt. Denn ihnen ist das Essen ganz ausgegangen. Sie wissen nicht, was sie ihren Kindern auf den Teller legen sollen. Vergessen ist das Hochgefühl, die Begeisterung darüber, dass sie vom Sklavendasein in Ägypten befreit sind. Wenn die eigenen Kinder hungern, dann muss an der Sache etwas faul sein. Dann kann es so nicht weitergehen. Stünde dieser Gott wirklich auf ihrer Seite, könnte er den Hungertod in der Wüste nicht zulassen. „Hätte Gott uns doch in Ägypten sterben lassen…“

An vielen Stellen geht die Bibel sehr kritisch um mit diesen murrenden Israeliten. Immer wieder wird ihre Undankbarkeit gegenüber Gott herausgestellt, ihre kurze Sicht. Aber diesmal bleibt der Tadel aus. Irgendwie haben die Menschen recht. Und so folgt der Klage die Rettung auf dem Fuße. Mit dem süß schmeckenden Manna und mit den Wachteln können sie den Hunger ihrer Kinder stillen. Die Gegenwart Gottes bei seinem Volk bewährt sich jetzt im alltäglichen Überlebenskampf. Sie ermöglicht den Israeliten, neu zu sehen:

Israels Menschen entdecken, dass auch die karge Landschaft der Sinai-Halbinsel Nahrung bereithält: ihre Augen werden geöffnet für die Schwärme erschöpfter Wachteln, die sich abends zur Rast niederlassen. Und sie entdecken eine Speise, die man auch heute noch probieren kann. „Manna“ heißt dieses Wüstenbrot. Natürlich war das nicht der ganze Speisezettel. Im Lauf der Zeit entdeckten die Israeliten noch manches andere, was zum Überleben half.

Trotzdem: die Tage, da Israel Manna und Wachteln entdeckt, sind entscheidend für seine Glaubensgeschichte. Denn sie entdecken nicht nur neue, bislang ungewohnte Nahrungs­quellen. Sie entdecken: dieser Gott lässt uns nicht im Stich; dieses Land lässt uns nicht im Stich, auch wenn wir zuerst nur wahrnehmen, wie wüst und karg es dort ist. Hier gibt es eine Zukunft. Es war doch kein Fehler, die sichere Unfreiheit gegen die ungewisse Freiheit zu tauschen.

Warum vertiefen wir uns in diese alte Geschichte vom Volk Israel in der Wüste?
Sie ahnen es: nicht allein das Volk Israel war auf dem Weg durch die Wüste
Auch wir wissen darum, wie unerbittlich die Wüste menschliches Leben bedrohen kann. In Krankheit. Im Abbruch von Beziehungen. In den Lebensträumen, die sich nicht erfüllen. Unser Leben ist verletzlich. Es braucht nicht viel, bis eine Wüste entsteht. Und oft genug tragen wir selbst einen Teil dazu bei.

Es liegt auch uns so nahe, zu klagen und zu murren. Wären wir doch in Ägypten geblieben…. Wo soll das hinführen? Herr, wo bleibst Du? Wir spüren nichts von Dir. Da ist nur Leere. Wir kommen hier um.

Bei meinen Begegnungen im Therapiezentrum in Burgau erlebe ich aber manchmal genau das Gegenteil. Ich spreche mit Patientinnen und Patienten, die sich ganz entschieden darum bemühen, die es sich selbst verordnen, nicht zu murren und zu jammern. Auch dann, wenn es ihnen schlecht geht. Sie versuchen, das, was sie beschwert, zu verbergen, manchmal sogar vor sich selbst. Sie haben verinnerlicht, dass wir im Leben immer positiv denken sollen. Ganz besonders aber möchten sie Ihre Angehörigen nicht belasten. Den Ehepartner, der zuhause plötzlich allein zurechtkommen muss. Die Kinder, die ja eh´ schon so viele Umstände haben mit den Fahrten zur Klinik, den Arztgesprächen und dem ganzen Papierkram. Sie wollen auch den Pflegerinnen ihre Arbeit so unkompliziert wie möglich machen, und ja niemandem zur Last fallen. Also warten sie lieber nochmal eine halbe Stunde, ehe sowieso jemand ins Zimmer kommt, auch wenn der Schlauch der Sonde so blöd scheuert oder sie die ganze Nacht wach liegen. Und wenn die Familie zu Besuch ist, nehmen sie all ihre Energie zusammen, um optimistisch zu sein und die Sorgen der Anderen nicht zu vergrößern. (Es ist unangenehm auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein. Vielleicht sogar auf die Hilfe Gottes?)

Der Bericht vom Manna und den Wachteln schickt uns auf einen anderen Weg. Er drängt eben nichts weg. Er macht leise aber unmissverständlich Mut zum Murren. Mut dazu, uns an Gott zu wenden, selbst dann, wenn der Ärger noch nicht gebändigt, unsere Formulierungen noch unausgereift sind, und wir noch nicht alle eigenen Möglichkeiten vollständig ausgeschöpft haben.

„Ich habe das Murren der Israeliten gehört“, sagt Gott zum bedrängten Mose. Gott greift ein. Nicht spektakulär mit Feuer und Rauch, nein – ganz einfach: er hört hin. Er hört auch das, was hinter unseren unbeholfenen, manchmal kindlichen Worten steckt. Manchmal ändert das was, wenn einer in seiner Not gehört wird. Manchmal eröffnet das den Raum, selbst in der Wüstennot etwas zu entdecken, das die Seele nährt und neue Kraft schenkt. An erster Stelle steht dann nicht die Aufforderung: denke positiv und sieh auf die Chance, die in der Krise liegt. An erster Stelle steht das Vertrauen: Gott hört mich.

Was für einzelne menschliches Schicksale gilt, betrifft uns auch gemeinsam, auf den Durststrecken und in der Wüstennot, in der wir als Gemeinschaft unterwegs sind. Wir fragen uns schon so lange: warum erreichen wir mit der frohen Botschaft, die wir in unseren Gemeinden verkünden, so viele Menschen nicht? Warum laufen sie weg? Dabei sind wir doch längst aufgebrochen, haben frischen Wind in unsere Kirchen gelassen, probieren Neues und trauen uns was. Aber die Austrittszahlen steigen trotzdem. Das ist so gemein! Gott, so höre doch. Deine Kirche ist in Not. Du hast verheißen, dass einst alle Völker gemeinsam zu deinem Berg ziehen, und dein Lob aus vielen Stimmen erklingt. Stattdessen stehen unsere Kirchen leer.
Und auch als Menschengemeinschaft scheitern wir, irren durch selbstgemachte Wüsten: unsere Waffen und unser Eigennutz veröden und verwüsten ganze Landschaften, zerlegen Städte in Trümmerfelder und machen aus Oasen lebensfeindliche Orte. Warum gelingt es uns nicht, dem Bösen zu wehren, in Frieden zusammenzuleben, endlich Pflugscharen aus den Schwertern zu machen und unsere Erde zu bewahren. Dabei sind wir auch hier aufgebrochen, haben uns auf den Weg gemacht. Wir ringen um das Für und Wider von Waffenlieferungen und darum, auf welchem Weg wir am schnellsten Frieden erreichen. Wir setzen Klimaziele und bemühen uns zukunftsweisende Gesetze. Aber der Weg ist so weit und unsere Schritte mickrig, unsere Entschiedenheit zu schwach angesichts der Aufgaben.  Wir murren. Wir klagen: Gott, wie lange soll das noch gehen?

Den Israeliten fällt in der Wüste das stärkende Manna zu Füßen. Sie öffnen die Augen und lernen, zu fragen. Man hu? Was ist das? Was ist das, Gott, das mir da gerade begegnet? Es ist ungewohnt und fremd. Es sind nicht die Fleischtöpfe Ägyptens. Es entspricht auch nicht meiner Vorstellung vom gelobten Land, in dem Milch und Honig fließen. Sie müssen umdenken. Sie lernen, genau hinzusehen. Sie testen das Manna und stellen fest: „es macht ja satt. Die Wüste lebt ja. Es gibt Bewahrung auch dort, wo Leben bedroht ist, fern alles Vertrauten und fern aller Gewohnheiten. Gott ist auch auf Durststrecken an unserer Seite.“ Sie gewinnen eine neue Sicht und neue Sicherheit. Denn Gott hört. Er geht mit, auch in Zeiten des Umbruchs und der Wüste.

Manna und Wachteln. Es war nichts Besonderes, das Gott damals auftischte. Eine einfache Wegzehrung. Sie schenkte Kraft für den Weg durch die Wüste. Wachteln und Manna. Brot und Wein. Auch wenn wir gleich Abendmahl miteinander feiern, sind die Zutaten nichts Besonderes. Und doch: sie sind Zeichen der Gegenwart Gottes: Er hört. Er ist da! Gegenwärtig in dem, was Leben vermittelt und neue Hoffnung schenkt. Ob in Wüstenzeiten oder in Zeiten der Fülle: Gott ist da! Auch hier und heute.

Amen

Spirituelle Nachtwanderung für Männer

Jesu eindringlicher Wunsch an seine Jünger in der Nacht des Gründonnerstag war: „Wachet und betet!“ Wir stellen uns diesem Auftrag und gehen vorwiegend im Schweigen gemeinsam durch diese Nacht, um zu beten, unseren Körper und die Natur wahrzunehmen. Festes Schuhwerk und wetterfeste Kleidung
sind nötig. Eingeladen sind Männer jeden Alters und aller Konfessionen, den Gründonnerstag in besonderer Weise spirituell zu begehen.

6. April 2023
20.15 – 23.00 Uhr
Christuskirche Illertissen